Artikelbild Bei Inkontinenz die Haut gesund erhalten

Inkontinenz ist eine Belastung für die Haut, die schnell zu Hautschäden wie einer IAD, der inkontinenz-assoziierten Dermatitis, führen kann. Präventive Maßnahmen helfen dabei, die Haut vor diesen schmerzhaften Irritationen zu schützen.

Wo eine Inkontinenzversorgung notwendig ist, sind Hautprobleme nicht weit. Experten in Forschung und Praxis sehen darin die wichtigste Langzeitkomplikation bei inkontinenten Personen. Beispielsweise wurden in der Junkin-Studie1 bei 42,5 % aller Betroffenen irritative Hautveränderungen wie Rötungen, allergisch bedingte Reizungen oder auch eine inkontinenzassoziierte Dermatitis (IAD) nachgewiesen. Die Charité in Berlin2 geht davon aus, dass bei 7,0 % der Pflegeheimbewohner ein Hochrisiko für eine IAD besteht. Laut der Bliss-Studie3 mussten 6,9 % der Betroffenen sogar ärztlich behandelt werden.

Solche Schädigungen der Haut bedeuten nicht nur eine schmerzhafte Belastung und einen Verlust an Lebensqualität für den Betroffenen, sondern können auch den Pflegeaufwand drastisch erhöhen. Wissenschaftler, Pflegende, Mediziner und auch Angehörige plädieren deshalb dafür, die Gesunderhaltung der Haut zum primären Ziel einer modernen Inkontinenzversorgung zu machen.

Was die Hautgesundheit bei Inkontinenz beeinträchtigt
Man geht von fünf Risikofaktoren aus, die allein oder im Zusammenwirken die Unversehrtheit, also die „Integrität“ der Haut erheblich beeinträchtigen und zu Schädigungen bis hin zur IAD führen können.

  • Aufquellen der Hornschicht: Wenn die Haut über längere Zeit Flüssigkeiten oder Feuchtigkeit ausgesetzt ist, quillt sie auf und lockert ihre Struktur. Dadurch neigt sie dazu, Wasser zu verlieren und auszutrocknen. Gleichzeitig reduziert ein feuchtes Milieu den Säuregehalt der Haut und beeinträchtigt so deren Barrierefunktion gegenüber Mikroorganismen, die krank machen können.
  • Bildung von aggressivem Ammoniak: Im Urin enthaltene Bakterien und deren Enzyme (Ureasen) können aus Harnstoff stark alkalischen Ammoniak bilden, der den natürlichen pH-Wert der Haut von etwa 4,5 bis 5,5 kritisch erhöht und damit den Säureschutzmantel der Haut zerstört.
  • Restaktivität von Verdauungsenzymen: Im Stuhl enthaltene Reste von Verdauungsenzymen – im Darm zuständig für die Aufspaltung von Eiweißen, Kohlehydraten und Fetten – greifen die Bestandteile der Haut direkt an, vor allem bei Durchfall (Diarrhö).
  • Chemisches Trauma der Hautreinigung: Beim Waschen wird der Säureschutzmantel der Haut regelmäßig weggewaschen. Gleichzeitig wird die Haut entfettet und in ihrer Barrierefunktion geschwächt. Beides umso mehr, wenn alkalische Seifen verwendet und nicht vollständig abgewaschen werden.
  • Auftreten allergisch bedingter Hautirritationen: Vor allem die Haut älterer Menschen kann darauf besonders sensibel reagieren. Bei aufsaugenden Inkontinenzprodukten, die meist 24 Stunden täglich getragen werden, können daher schon leichte Materialunverträglichkeiten zu entzündlichen Reaktionen führen.


Was ist eine IAD?
Bei der IAD, der inkontinenzassoziierten Dermatitis, die aus Respekt vor den Betroffenen nicht als „Windeldermatitis“ bezeichnet werden sollte, handelt es sich um eine Entzündung der Haut, die durch wiederholten bzw. andauernden Kontakt mit Feuchtigkeit und / oder den aggressiven Zersetzungsprodukten von Stuhl und Urin hervorgerufen wird. Gefährdet sind vor allem multimorbide, stuhl- und harninkontinente Alterspatienten.

Eine beginnende IAD zeigt sich als Rötung und geht bei Nichteinschreiten in eine ausgeprägte schmerzhafte Entzündungsreaktion der Haut mit Bläschenbildung, Nässen und Krustenbildung über. Bei derart geschädigter Haut besteht zudem immer ein großes Risiko für eine oberflächliche Infektion. Auch eine sehr schmerzhafte und belastende Candidainfektion im Genitalbereich ist eine häufige Komplikation. Des Weiteren führt aufgequollene und mazerierte Haut bei Druckeinwirkung nicht selten zu einem Dekubitus, dessen Ausheilung mit einer Vielzahl von Problemen verbunden ist.

Für Behandlung und Pflege Betroffener ist es wichtig, dass Pflegekräfte sicher zwischen einer IAD und einem Dekubitus unterscheiden können.  Typische, diffuse, wegdrückbare Hautrötungen bei einer IAD.  Dekubitus Grad 1 mit scharf begrenzten, flächigen Hautrötungen, die nicht mehr wegzudrücken sind.


Wie kann Hautschäden vorgebeugt werden?

Aus den fünf Risikofaktoren, die im Zusammenwirken auch zur IAD führen, wird ersichtlich, wie wichtig es ist, vorrangig den natürlichen pH-Wert der Haut zu erhalten. Die Maßnahmen dazu sind dabei in den unterschiedlichsten Lebenssituationen – ob leichte Inkontinenz bei mobilen Personen oder schwere Inkontinenz bei pflegebedürftigen oder bettlägerigen Personen – im Prinzip die gleichen: Im Mittelpunkt der vorbeugenden Maßnahmen steht die gründliche, aber den Säureschutzmantel schonende Reinigung der Haut mit anschließendem Aufbau eines wirksamen Hautschutzes. Nicht minder wichtig ist aber auch die Anwendung aufsaugender Inkontinenzprodukte, die dank ihrer hohen Qualität und spezifischer Produktausstattung aktiven Hautschutz und Erhalt des hautneutralen pH-Wertes bieten können.



Literatur / Quellen:
1Junkin et al., (J Wound Ostomy Continence Nurs. (2007) 34:260-9)
2Pflegeprobleme in Deutschland, 2001-2015, Charité Berlin, https://geriatrie.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc13/geriatrie/Pflegestufe_2015_final.pdf(aufgerufen am 20.11.2017)
3Bliss et al., (Nurs.Res. (2006)55:243-51)

 

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