Wissenschaftlich belegt: Das Nationale Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime fördert die Lebensqualität von betreuungsbedürftigen Menschen
Lebensqualität ist ein Begriff, der schwer zu fassen scheint, und dennoch dreht sich unbewusst meist fast alles um sie – insbesondere unter dem Aspekt des subjektiven Wohlbefindens. Dabei wird Lebensqualität nicht nur durch das individuelle menschliche Befinden, sondern, neben weiteren Faktoren wie beispielsweise der Umgebung, auch durch das Zusammenwirken des Menschen mit seiner Umwelt beeinflusst. Dass sich Letzteres vor allem auch in österreichischen Alten- und Pflegeheimen, die mit dem Nationalen Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime (NQZ) ausgezeichnet sind, positiv auswirkt, wurde nun erstmals von Sozialwissenschaftlerin Romana Winkler wissenschaftlich bestätigt.
Als Geschäftsführerin des Landesverbands Altenpflege Steiermark, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Alten- und Pflegeheime Österreichs Lebenswelt Heim, Mitarbeiterin in der Geschäftsführung der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz und Zertifiziererin nach dem Nationalen Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime (NQZ) ist Romana Winkler vor allem an einem interessiert: der Lebensqualität von älteren pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen. „Auf der Suche nach wissenschaftlich fundierten Aussagen, welchen Mehrwert Pflegeheime für die Bewohnerinnen und Bewohner generieren, musste ich in der Vergangenheit leider immer wieder feststellen, dass es an wissenschaftlichen Erkenntnissen mangelt. Ganz speziell hat mich in diesem Zusammenhang die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner interessiert, da dies meiner Meinung das ist, was letzten Endes wirklich zählt. Diese Erkenntnislücke wollte ich daher im Rahmen meiner Dissertation schließen“, betont die 31-jährige Wissenschaftlerin, die im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz eine aufschlussreiche Folgeanalyse unter dem Titel „Studie zum Vergleich der Lebensqualität von Bewohnerinnen und Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen mit Qualitätsmanagementsystemen (+NQZ) zu Alten- und Pflegeheimen ohne Qualitätsmanagementsysteme“ durchführte.
STUDIE BEWEIST POSITIVE AUSWIRKUNGEN DER ZERTIFIZIERUNG NACH DEM NATIONALEN QUALITÄTSZERTIFIKAT FÜR ALTEN- UND PFLEGEHEIME
Ziel der Studie war es, den Einfluss des Strukturmerkmales „Alten- und Pflegeheim mit NQZ bzw. Alten- und Pflegeheim ohne Qualitätsmanagementsystem“ auf die Lebensqualität von pflege- und betreuungsbedürftigen älteren Menschen zu erheben. Dazu wurde die Lebensqualität von Bewohnerinnen und Bewohnern, die zwischen November 2018 und September 2019 in den insgesamt 30 teilnehmenden Alten- und Pflegeheimen ihr neues Zuhause fanden, an drei unterschiedlichen Zeitpunkten (beim Einzug, nach einer Woche und nach drei Monaten) mithilfe von Fragebögen ermittelt. „Für eine möglichst objektive Durchführung der Studie war es wichtig, niemanden auszuschließen. So durften alle Bewohnerinnen und Bewohnern teilnehmen, die Lust dazu hatten und sich entsprechend artikulieren konnten“, betont Romana Winkler, die feststellte, „dass bereits eine Woche nach dem Einzug eine allgemeine Verbesserung der Lebensqualität, sowohl in Alten- und Pflegeheimen mit NQZ, als auch ohne Qualitätsmanagementsystem, stattgefunden hat.“
Dass das NQZ einen entscheidenden Beitrag zu einer besseren Entwicklung der Lebensqualität in Alten- und Pflegeheimen leistet, zeigt sich in der Auswertung der einzelnen, in der Studie untersuchten Teilbereiche. So haben Bewohnerinnen und Bewohner aus NQZ-zertifizierten Alten- und Pflegeheimen die physische und psychische Lebensqualität sowie die Lebensqualität in Bezug auf soziale Beziehungen, die Umwelt, Autonomie, soziale Partizipation, Aktivitäten in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und Intimität in NQZ-zertifizierten Alten- und Pflegeheimen deutlich besser bewertet als in Alten- und Pflegeheimen ohne Qualitätsmanagementsystem. „Nach dem Einzug ins Alten- und Pflegeheim wurde im Rahmen von mehreren Folgeinterviews vor allem eine Verbesserung im psychischen und sozialen Bereich klar sichtbar. Die Menschen fühlten sich nach ihrem Einzug nicht mehr einsam. Sie wussten, dass sie zu jeder Zeit eine Ansprechpartnerin bzw. einen Ansprechpartner haben, was für eine enorme Steigerung ihres Sicherheitsgefühls sorgte. Dieses stellt somit einen besonderen Mehrwert der Alten- und Pflegeheime dar“, weiß Romana Winkler.
DAS NQZ ALS ERFOLGSREZEPT FÜR EINE BESSERE LEBENSQUALITÄT IN ALTEN- UND PFLEGEHEIMEN
Neben der erstmaligen Darstellung der Lebensqualität in Alten- und Pflegeheimen in Form von Zahlen, Daten und Fakten war für Romana Winkler vor allem auch der offene und ehrliche Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern ein besonderes Erlebnis. Insbesondere Aussagen, wie „Endlich muss ich mir keine Sorgen mehr um die Zukunft und wie es weitergeht machen“, „Seit ich hier bin, bin ich ruhig geworden“, „Im Vergleich zu Zuhause fühle ich mich hier mehr gebraucht“ und „Ich habe neue Freunde gefunden – die Gemeinschaft und das Programm sind wirklich einmalig“, berührten die engagierte Wissenschaftlerin.
„Lebensqualität ist ein Ausdruck unseres Wohlbefindens und unserer Lebensweise. Sie ist individuell, subjektiv und unterliegt letzten Endes auch unterschiedlichen Einflussfaktoren, wie zum Beispiel Bildung, sozialem Status, Gesundheit, Neigungen und Umwelt“, betont Romana Winkler. Als NQZ-Zertifiziererin sieht sie es daher als ihre Aufgabe, Vorstellungswelten von gutem Leben und Gestaltungsmöglichkeiten guten Lebens so zusammenzuführen, dass dadurch Räume entstehen, in denen Lebensqualität kohärent wahrgenommen und erlebt werden kann.
Im Vergleich der Lebensqualitätswerte zeigt sich in Bezug auf die Gesamt-Lebensqualität, dass Bewohnerinnen und Bewohner in Alten- und Pflegeheimen mit NQZ zu allen drei Erhebungszeitpunkten eine bessere Lebensqualität aufweisen als jene in Alten- und Pflegeheimen ohne Qualitätsmanagementsystem. Grafik: Romana Winkler
NQZ-AUSBILDUNG LEISTET BEITRAG ZUR SICHERUNG HOHER LEBENSQUALITÄT IN ALTEN- UND PFLEGEHEIMEN
Durch ihre umfassende Ausbildung zur NQZ-Zertifiziererin bzw. zum NQZ-Zertifizierer bringen Romana Winkler und 40 weitere Kolleginnen und Kollegen ihr Know-how und ihre Branchenerfahrung in die Zertifizierung sowie die Weiterentwicklung von Alten- und Pflegeheimen ein und leisten damit einen Beitrag zur kontinuierlichen Entwicklung der gesamten Branche. Um dem steigenden Bedarf an Expertinnen und Experten im NQZ nachzukommen, lädt das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz interessierte Führungskräfte aus der Pflege und Betreuung, Hausleiterinnen und Hausleiter sowie Qualitätsmanagerinnen und Qualitätsmanager, die in Organisationen der Altenarbeit tätig sind ein, sich für die nächste Ausbildungsrunde zur NQZ-Zertifiziererin /zum NQZ-Zertifizierer mit Ausbildungsstart im Februar 2022 zu bewerben. Interessierte, die die Voraussetzungen erfüllen, können sich dafür bis spätestens 15. Oktober 2021 bewerben – damit ausgezeichnete Qualität nicht nur selbstverständlich, sondern zum allgemeinen Standard wird.
Dr.in Romana Winkler, BA MA MSc (31) ist als Geschäftsführerin des Landesverbands Altenpflege Steiermark, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Alten- und Pflegeheime Österreichs Lebenswelt Heim, Mitarbeiterin in der Geschäftsführung der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz, Zertifiziererin nach dem Nationalen Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime, EFQM Assessorin und E-Qalin®-Prozessmanagerin tätig und wurde für ihre Dissertation an der Karl-Franzens-Universität Graz zum Thema „Soziale Ungleichheit und Lebensqualität pflege- und betreuungsbedürftiger älterer Menschen in Österreich – Eine Längsschnittstudie unter besonderer Berücksichtigung des Pflegeheimeinzugs“ mit dem AK-Wissenschaftspreis ausgezeichnet.