Ausgehend vom EAN Kongress „21st Century Skills in Long-Term-Care“ hat sich eine internationale Arbeitsgruppe unter der Federführung des Präsidenten des Lebenswelt Heim Bundesverbandes, Jakob Kabas, damit beschäftigt, welche neuen Denkansätze es braucht, um die Arbeitsmarktprobleme in der Langzeitpflege zu bewältigen.

Denn diese sind bei weitem kein österreichisches Problem, sondern leider ein gesamteuropäisches, wenn nicht sogar ein weltweites. Die Arbeitsgruppe hat sich ein Zitat zu Herzen genommen, das Barack Obama zugeschrieben wird: „Old ways don’t open new doors.“

Die Probleme sind altbekannt. „Darüber reden wir seit 20 Jahren“, hat vor kurzem ein Kollege mit nicht nur leicht resignierendem Unterton festgestellt. Stimmt. Das bedeutet, dass wir weiter darüber reden müssen, weil der Ernst der Lage anscheinend von den Entscheidungsträger:innen noch nicht erkannt wurde. Und es gilt, neue Lösungswege vorzuschlagen, weil man mit den alten, gewohnten Denkansätzen anscheinend bisher keinen Erfolg hatte.

10 solcher „new ways of thinking“ bringt das EAN Positionspapier auf den Punkt. Sie wurden im Vorfeld des Kongresses in Athen mit Vertreterinnen und Vertretern aus 27 Ländern Europas unter Beteiligung von Kolleginnen und Kollegen aus Canada, Australien und Südafrika diskutiert und abgestimmt. Derzeit liegt ausschließlich das auf Englisch verfasste Original vor, an einer deutschen Übersetzung wird gearbeitet. Als die 10 wichtigsten Denkansätze wurden definiert:

  • Von der Pflegezentriertheit in die Lebensbegleitung: Stabile multiprofessionelle und multikulturelle Care-Beziehungen schaffen, um den fragilen Arbeitsbedingungen entgegenzuwirken. Wir brauchen Personalschlüsselbuntheit um die unterschiedlichen Ansprüche und Bedürfnisse umfassend erschließen und auch neue Zugänge öffnen zu können.
  • Von der Dauerbelastung zur Gesundheitsförderung: Der beständigen Instabilität in den Arbeitsbedingungen mit einer gesunden und gesundheitsförderlichen Beziehungskultur begegnen. Gesundheitsförderung heißt auch, Menschen keinen krankmachenden Faktoren auszusetzen.
  • Von der Beweislast zur Beziehungskultur: Die überschießenden Dokumentationspflichten nach dem Grundsatz „it’s not just about proving, it’s about improving“ ausdünnen: es soll nicht ums Beweisen, sondern ums Verbessern gehen. Rechtssicherheit darf nicht in die Rechtfertigungsschleife führen, sondern muss selbstbestimmte Gestaltungsvielfalt ermöglichen.
  • Von der Bürokratie zur Bewohner:innendienlichkeit: Die Vorteile der Digitalisierung richtig nutzen, nämlich so, dass aus der eingesparten Zeit gemeinsame Zeit mit den Bewohner:innen wird.
  • Von der Datenfülle zur Lebensfülle: Der Preis für Evidenzbasierung und Empirie darf nicht die Vernachlässigung der Individualität der Menschen und deren Bedürfnisse sein.
  • Von einer eintönigen zu einer mehrsprachigen Führungskultur: Es braucht ein gemeinsames Verständnis von Pflege und Betreuung der verschiedenen Professionen, der Entscheidungsträger und der Ausbildungsstätten. Wir brauchen eine zunehmend polyglotte Führungskultur um der Komplexität der Beziehungen entsprechend begegnen zu können.
  • Vom Einfaltspinsel zur Aktivitätspalette: Komplexität und Unsicherheit sind die Tagesordnung – und das macht das Handeln in Krisen und Unsicherheit zur wesentlichen Kompetenz von Führungskräften.
  • Von der Komplexität des Lebens zur Komplexität der Betrachtung: Es braucht ein gemeinsames Qualitätsverständnis, das von den Bedürfnissen der älteren Menschen ausgeht und nicht durch die Rahmenbedingungen definiert wird.
  • Vom solitären Anliegen zu einem solidarischen Ausgleich: Die Pflege und Betreuung unserer alten Menschen darf nicht zur Ausbeutung der jungen Menschen führen. Drittstaaten dürfen nicht zu Trittstaaten werden.
  • Von einer Versorgungskultur zu einer Vorsorgekultur: Wir brauchen einen grundsätzlichen Schwenk von Medizin und Pflege im Sinne eines pathogenetischen Ansatzes hin zu einem salutogenetischen Verständnis.

EAN Position Paper

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